Freitag, 16. Januar 2009

Friedrich II.- Brückenbauer zwischen Europa und Orient

 Friedrich II. - Brückenbauer zwischen Europa und Orient

 

Wer war er? Erbe zweier Mächte: Hohenstaufer und Normanne, zweimal zum König ausgerufen, heiliger römischer Kaiser deutscher Nation, als Kaiser wieder in seinen letzten Jahren abgesetzt,

Der Mönch Matthäus von Paris sagt von ihm: er sei zum „stupor mundi et immutator mirabilis“ geworden- „zum Staunen der Welt und wundersamen Veränderer“. Aber stupor mundi bedeutet auch, nach mittelalterlichem Verständnis, Betroffenheit und Erschrecken über den, der das Bestehende zu verändern versucht hatte. Auf der anderen Seite, der kirchlichen Seite, beschimpft man ihn als Antichrist.

 

Sein Vater war der deutsche Kaiser Heinrich VI., sein Großvater Friedrich I. Barbarossa. Seine Mutter brachte das normannische Erbe mit Italien und Sizilien mit. Schon die Vorfahren mütterlicherseits waren sehr islamfreundlich.

Durch interne Konflikte wurde im 11. Jahrhundert das Land Sizilien verletzlich für Eroberungen aus dem Norden durch den normannischen Herzog Roger I.  Er fügte der muslimischen Bevölkerung und ihren gesellschaftlichen Strukturen aber keinen Schaden, er gewährte ihnen sogar Schutz und erkannte ihre Religion und Gesetzgebung ohne Vorurteil an.

Auch sein Nachfolger Roger II. (1101-1154) förderte alles Muslimische, so auch die islamische Dichtung und Wissenschaft. Man sagte heimlich, dass er ein muslimischer Sultan mit einer Krone sei. Er verwandelte Sizilien zu einer Brücke für den Tranfer der islamischen Kultur und Gesellschaft nach Europa. (ließ Münzen mit lateinischer, griechischer und arabischer Schrift prägen) .

Das Motto seines Sohnes Friedrich I, lautete: „Gepriesen sei Allah, und unsere Dankbarkeit gilt Seinen Segnungen.“

Dessen Sohn Wilhelm II. setzte die Tradition fort, kannte deren Sprache und Schrift. Sein Motto war: „ Gepriesen sei Allah!“

Nach ihm kam der Sohn von Heinrich VI. und der Tochter von Roger II. ,Friedrich an die Macht. Er wurde am 26.12.1194 in Jesi in der Nähe von Ancona zur Welt. Der Vater, Kaiser Heinrich VI war nicht zugegen, sondern befand sich nach Niederschlagung eines Aufstands zur Inbesitznahme der Mitgift seiner Gemahlin in Sizilien, wo er am Tag vor der Geburt seines Sohnes im Dom zu Palermo zum König von Sizilien gekrönt wurde. Die Geburt, die die Nachfolge im Erbkönigreich Sizilien sicherte, verlieh der Krönung eine weit über Sizilien hinausgehende Bedeutung; denn angenommen, der als Thronfolger feststehende Erbe in Sizilien würde durch Wahl wie sein Vater auch deutscher König oder gar mit Krönung durch den Papst Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, dann waren die welt- und besonders kirchenpolitischen Folgen dieser Verbindung nicht absehbar und gaben zu Befürchtungen Anlass, weil sich dann ganz Italien in staufischer Hand befinden würde.

Um ihm die Nachfolge zu sichern, setzte Heinrich bereits 1196 Friedrichs Wahl mit den Mitteln des Normannenschatzes zum deutschen König durch. Doch schon ein Jahr später starb Heinrich, und der Anspruch seines Sohnes wurde von den Fürsten im Reich angegriffen.

Seine Mutter hatte nur ein Ziel: Sizilien als normannisches Königreich wiederherzustellen, seine Unabhängigkeit zu sichern und ihrem Sohn die sizilianische Erbfolge zu sichern. Der Unterstützung des Papstes konnte sie gewiss sein. So wurde der erst Dreijährige zum König von Sizilien gekrönt.

Die römische Kirche und die Päpste selbst waren es, welche Ansprüche auf das Herzogtum Spoleto und die Mark Ancona - strategisch bedeutende mittelitaliensche Ländereien des Königreiches Sizilien - erhoben. Vor allem vermutete man sich im Kirchenstaat durch eine Verbindung zwischen Sizilien und dem Kaiserreich eingeklammert. 1198 starb auch Kaiserin Konstanze und setzte laut Testament den Papst zum Verweser des sizilianischen Königreiches ein. Derweil nahm der ehemalige Heereskommandant Markward von Annweiler, Markgraf von Ancona und Herzog der Romagna und von Ravenna. im Namen Friedrichs die Macht durch Gewalt in Sizilien an sich.  Der Junge wurde zum wichtigsten Unterpfand.  

Vom vierten bis zwölften Lebensjahr war der elternlos heranwachsende Friedrich nur ein Objekt in den Händen derer, die im eigenen Interesse in Sizilien die Macht ausübten. Er sah, wie die Deutschen das ohnehin ausgelaugte Land korrumpierten  Der Papst hatte ein Interesse, das Land als päpstliches Lehen zu behalten, hat aber nicht viel für  den Jungen getan. Man weiß nicht, unter welchen Bedingungen Friedrich aufwuchs., wie viele Lehrer er hatte, fest steht aber, dass er sich eine außergewöhnliche Fülle an Wissen und schon Lebenserfahrung aneignete. Im Umgang mit dem einfachen Leuten lernte er die Lebensgewohnheiten , Bräuche und Sprachen der Sizilianer, Normannen, Muslimen, Griechen, Juden und Deutschen. Er las alles, von Abenteuerbüchern bis zu den antiken und arabischen Klassikern, beschäftigte sich mit Naturwissenschaften und Sternenkunde. Es gibt Berichte, dass er geübt sei in der Handhabung jeglicher Waffen und ein guter Reiter war. Briefeschreiber bewundern die Frühreife, den Scharfsinn und die rasche Auffassungsgabe des Jungen, tadeln aber sein ungehöriges und rüdes  Benehmen. Elementare Kenntnisse mag er von päpstlichen Legaten bekommen haben, aber es gilt als sicher, dass er auch arabisch-islamische Lehrer hatte, ein Kadi, den er auf seinen späteren Kreuzzug erwähnt hatte. Was später Christen zum Ärgernis wurde, nämlich seine Vertrautheit mit der arabischen Geisteswelt, seine Sympathie für den Islam , Vorliebe bestimmter naturwissenschaftlichen Disziplinen und für die Philosophie wird wie ein Markenzechen für ihn sein. Er sagte über sich in der blumigen orientalischen Rhetorik :“ Ehe ich die Pflichten des Regierens auf mich nahm, strebte ich den Wissenschaften nach und atmete ihre balsamischen Düfte.“

Mit 14 Jahren wurde er mündig und bereits in den ersten Wochen seiner Regentschaft  zeigte er, dass er gewillt und fähig war, die Herrschaft über Sizilien und dem festländischen Teil, straff in die Hände zu nehmen.

Er heiratete die 11 Jahre ältere Witwe des Ungarnkönigs, Konstanze von Aragon, geheiratet, die Ehe muss glücklich gewesen sein.

 In Deutschland hatte  unterdessen  der Welfe Otto IV. mit Hilfe des englischen Königs gegen die Staufer, protegiert durch den französischen König das Rennen um die deutsche Kaiserkrone gewonnen. Aber kaum hatte Otto sein Ziel erreicht, als er alle Zusagen an den Papst bestritt. Er erhob auch Anspruch auf Sizilien und Apulien. Durch seine Politik und Wortbrüchigkeit geriet er in scharfen Gegensatz zu den päpstlichen Interessen und wurde nach einem Jahr seiner Kaiserwürde enthoben. Auf Drängen des französischen Königs und des Papstes und mit allen Mitteln der Intrige und Machtpolitik wurde in Nürnberg durch die deutschen Fürsten der sizilianische König zum deutschen König ausgerufen, er war gerade mal 17 Jahre alt.

Friedrichs folgende Zeit in Deutschland war geprägt von mühsamer Verwaltungsarbeit und Kleinkriegen zur Herrschaftsfestigung. Die enge Zusammenarbeit mit den Fürsten erwies sich als unerlässlich. Doch auch von Frankreich her bekam er Unterstützung. Bald stand der gesamte Süden Deutschlands auf Friedrichs Seite. Aber erst der Sieg des französischen Königs gegen den Welfenkaiser Otto IV. und gegen englische Truppen des englischen Königs machte den Weg 1215 zur Königskrönung in Aachen  frei.  Das spontane, völlig überraschende Gelübde, einen Kreuzzug zu unternehmen, das er zur Krönung ausgesprochen hatte, gehört zu den merkwürdigen Entscheidungen Friedrichs. Schon allein seine intensiven Beziehungen zum Islam seit seiner Jugend hätte alles andere erwarten lassen. Das Verhalten des Papstes lässt den Schluss zu, dass die Kirche offiziell keinerlei Einfluss auf die Entscheidung nahm, sondern dass sie sogar dem Papst ungelegen kam. Friedrich hatte wohl die Pläne des Papstes durchkreuzt, denn Papst Innozenz hatte selbst den Gedanken, als oberster Herr der Christenheit einen neuen Kreuzzug zu unternehmen. Der eben gekrönte König bekundete dadurch nichts weniger als den Anspruch, der höchste Schützer des Christenreiches zu sein. Indem er die Initiative ergriff, stärkte er seine  Position als  König und Kaiser gegenüber  den imperatorischen Bestrebungen Innozenz III. 

Der selbstbewusste junge König verwies mit dieser Initiative auf die Eigenständigkeit weltlicher Herrschaft gegenüber der Kirche. Bis dahin hatte er die uneingeschränkte Hilfe des Papstes, von nun an kam es immer wieder zu Unstimmigkeiten.

Die ersten Jahre seiner Regierung verbrachte Friedrich II. im Reich,  in der Absicht seine Stellung zu festigen. Bereits während seines ersten Aufenthalts in Deutschland bemühte sich Friedrich II., das Reichsgut wieder herzustellen, das während des Thronstreits stark geschrumpft war. Er brachte die Alpenübergänge an sich, gründete im Südwesten Deutschlands 39 neue Städte auf kirchlichem Territorium. Dadurch unterhöhlte er die Macht der jeweiligen klerikalen Landesherren .

Aber er gestand auch 1213 dem Papst Innozenz III. die Territorialrechte in Mittelitalien zu, was den Kirchenstaat erheblich vergrößerte. Und er verzichtete auf das Recht, bei der Bischofswahl mitzuwirken, wodurch die Kirche vom Staat unabhängig wurde.
Aber um die Kaiserkrone zu erhalten, musste er auf die sizilianische Krone verzichten und seinen Sohn Heinrich als König von Sizilien einsetzen.

Am 22. November 1220 salbte Papst Honorius III. Friedrich II. in Rom zum Kaiser.
 Nachdem Friedrich nach 8 Jahren in Deutschland in Süditalien angekommen war, änderte er sich schlagartig. Friedrich wollte seine Herrschaft nicht auf Gewalt aufbauen, sondern auf das Recht. Mit den Assisen con Capua (Gesetze) ließ er einen allgemeinen Frieden ausrufen. Seine absolute Autorität verbürgte den Schutz der Untertanen. Wo bisher die einzelnen Feudalherren mehr oder weniger willkürlich Recht sprachen, sollte die von Friedrich eingesetzten Justitiare die Rechtssprechung übernehmen. Sie sollten auch  die Adelsfehden beenden. Darüber hinaus erklärte er alle Schenkungen und Privilegien für ungültig, die seit 1189 erteilt worden waren. Alle übrigen Privilegien mussten durch die königliche Kanzlei neu bestätigt werden. Honorius III., der sich als Lehnsherr Siziliens sah, protestierte gegen dieses Vorgehen Friedrichs, konnte sich aber nicht durchsetzen. Eine noch schwerwiegenderer Konfliktstoff bildete Friedrichs Kreuzzugversprechen vom Jahre 1215. Er hatte die Erfüllung immer wieder hinausgezögert, doch der Kreuzzug, der die Macht in Ägypten brechen sollte, fand ohne ihn statt und war gescheitert. Der Papst machte ihn für die Katastrophe verantwortlich. Ein Kreuzzug in dieser  Zeit wäre für Friedrich teuer geworden, die Reorganisation des Königreiches war noch nicht abgeschlossen, die Barone und Grafen warteten nur auf eine Blöße des Kaisers - und es gab noch ein großes Problem, was der Papst als Grund anerkennen musste: die Sarazenen. Ein überaus beschwerlicher und grausamer Kleinkrieg zog sich einige Jahre hin. Nach dem letzten toleranten Normannenkönig hatten sich unabhängige räuberische Sarazenen in das Bergland zurückgezogen und dort Burgen und Dörfer gegründet. Ihre Raubzüge bedrohten sogar die größeren Städte. Ihre  Besiegung war mit einem ungewöhnlichen Experiment verbunden: Die 16000 Sarazenen wurden nicht vernichtet, sondern auf das Festland umgesiedelt. Die Ansiedlung von „Ungläubigen“ sollte bald die schärfste Missbilligung der Kirche hervorrufen. In kurzer Zeit wurde aus dem wüsten Flecken ein blühendes Gemeinwesen, sie errichteten Moscheen mit Minarette, lehrten und lernten in eigenen Koranschulen, waren die  Zulieferer für den nahe liegenden Lieblingsort des Kaisers. Sie durften ihre Religion ausüben, entfalteten ein islamisches kulturelles Leben, und sie stellten die treu ergebene Leibgarde und bevorzugte Diener des Kaisers. --- Wie geht das ohne ein innerliches Glaubensbekenntnis vor sich!!!


Am 23.Juli 1222 starb seine Frau Konstanze.

 Nicht zu Unrecht erhoffte sich der Papst durch Friedrichs Ehe 1225 mit der Erbin des Königreiches Jerusalem Isabella von Brienne ein gesteigertes Interesse des Kaisers am "Heiligen Land", denn jenem sicherte diese Verbindung die Ansprüche auf die dortige Krone.

Friedrichs Versuche, auch die Kirche in Sizilien unter seine Kontrolle zu bringen, blieben weitgehend erfolglos. Auf massiven Widerstand, nicht nur aus der Kirche, stieß sein Vorhaben, auch das Recht der Besetzung der 150 Bistümer im Königreich an sich zu ziehen. Auch hatte Friedrich mehrere päpstliche Territorien zu Reichslehen erklärt und war mit sizilianischen Truppen in Oberitalien aktiv geworden. Die darauf folgenden Auseinandersetzungen wurden immer schärfer und fielen mit dem Streit über den Kreuzzug zusammen, der schließlich zur Exkommunikation Friedrichs führte.

 Sein Versprechen, an  einen Kreuzzug teilzunehmen, zog sich immer wieder hin. Nicht allein die Schwierigkeiten in Europa waren es, die den Kaiser weiter in Italien hielten. Er wartete auch auf eine günstige Gelegenheit im Orient. Hatte er doch gute Beziehungen dorthin, besonders zum Sultan Malik al Kamil von Ägypten. Und da die Aijubiden ebenfalls uneins waren, galt es eine Situation abzupassen, in der Friedrich dem Sultan von Nutzen sein konnte und ein Kreuzzug durch ein solches Bündnis um so größeren Erfolg versprach.

Erst 1227 segelte Friedrich von Brindisi ab. Doch bevor er das heilige Land erreichte, befiel ihn eine Krankheit, die ihn zur Umkehr zwang.
Papst Gregor IX. bannte den Kaiser daraufhin, weil er an eine vorgeschobene Erkrankung glaubte. Im Jahr 1228 starb auch seine zweite Frau Isabella.
1228 fand der Kreuzzug tatsächlich statt, nun jedoch gegen den Willen des Papstes, der den Bann nicht aufgehoben hatte. Der Zwist zwischen Kaiser und Papst spaltete das christliche Lager mit der Folge, dass ganze Gruppen des Kreuzfahrerheeres gegen den Kaiser intrigierten und alles darauf anlegten, um den Misserfolg des gebannten Kaisers herbeizuführen.

Seine militärische Lage war angesichts der Umstände im Kreuzfahrerheer und der wachsenden Stärke des islamischen Sultans Malik al-Kamil wahrhaft verzweifelt. Die Parteigänger des Papstes forderten den Sultan sogar ausdrücklich auf, Jerusalem keineswegs an den Kaiser herauszugeben. . Der Umstand, dass der Sultan Emir Fahr-ed-Din, der dem Kaiser in tiefer Bewunderung, ja persönlicher Freundschaft verbunden war, mit den Verhandlungen beauftragte, führte schließlich den Erfolg herbei. Ohne die im Vorfeld politisch und militärisch schwierig gewordene Lage des Sultans freilich wäre es trotzdem wohl kaum zu dem spektakulärsten Ergebnis eines Kreuzzugs überhaupt gekommen.  Mit kluger Diplomatie hatten die beiden Verhandlungsführer des Sultans und des Kaisers, Fahr-ed-Din und Thomas von Aquin, Graf von Acerra, auch er des Arabischen mächtig, den Frieden vorbereitet. Am 18. Febr. 1229 ist es erreicht: Der Sultan stimmte zu, dass die heiligen Stätten der Christenheit, Jerusalem, Bethlehem, Nazareth, dazu der Zugangsweg und wichtige Hafenstädte den Christen übergeben wurden. Lediglich in Jerusalem blieb der auch den Muslimen heilige Haram-esch-Scharif-Bezirk mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee vorbehalten, doch mit frommem Zutrittsrecht der Christen zum Gebet. Darüber hinaus wurde ein zehnjähriger Waffenstillstand vereinbart.

 Während der Verhandlungen lud ihn der Sultan nach Jerusalem ein. Als der Muezzin aus Rücksicht auf Friedrich II. seinen morgendlichen Ruf zum Gebet nicht erschallen ließ, stellte ihn der Kaiser mit den Worten zur Rede: Ich habe in Jerusalem übernachtet, um dem Gebetsruf der Moslems und ihrem Lob Gottes zu lauschen.

Sowohl auf christlicher als auch auf moslemischer Seite stieß das Abkommen auf breite Ablehnung. Der lateinische Patriarch Gerold verhängte das Interdikt (Verbot kirchlicher Handlungen) über ganz Jerusalem, für den Fall, dass Friedrich II. die Stadt betreten würde.

Davon ließ der Kaiser sich nicht abhalten und am 17. März 1229 betrat er die Stadt Jerusalem, wo er sich am nächsten Tag in der Grabeskirche selbst zum König von Jerusalem krönte, da der Patriarch sich weigerte, dies zu tun.


Was viele Kreuzfahrer mit Gewalt nicht schaffen konnten, was unzählige Menschenleben kostete, das erreichte Friedrich II. auf eine Weise ohne einen einzigen Schwertstich auf dem Verhandlungsweg. Den freien Zugang aller christlicher Pilger zu den heiligen Städten in Palästina.

Nach seiner Rückkehr aus Palästina bekämpfte er die päpstlichen Truppen, die in das sizilianische Regnum eingefallen waren, und sicherte sein Territorium vergleichsweise schnell wieder ab. Noch während der Kämpfe nahm Hermann von Salza Vermittlungsgespräche mit dem Papst auf, um die Lösung des Banns zu erreichen. Im zweiten Vertrag von San Germano vom Juli 1230 machte Friedrich dem Papst eine Reihe von Zugeständnissen, unter anderem die Freiheit kirchlicher Wahlen, die Wiedereinsetzung von kirchlichen Amtsträgern, die Friedrich gebannt hatte, die Unantastbarkeit von Klerikern durch die weltliche Rechtsprechung, die Steuerbefreiung der Kirche und einen Verzicht auf alle Ansprüche im Kirchenstaat. Dafür sagte Gregor IX. die Aufhebung des Banns zu, was er im Folgejahr auch ausführte.

 

In den nachfolgenden Jahren machte er das Königreich Sizilien in kurzer Zeit zum kulturellen und geistigen Mittelpunkt der abendländischen Welt. Er umgab sich mit einem muslimisch-arabischen Hofstaat, beteiligte sich selbst an wissenschaftlichen Forschungen, beschäftigte sich mit Philosophie und Dichtkunst und schrieb später ein beachtliches Buch über die Falkenjagd, das man noch heute als Handbuch für die Falknerei benutzen kann.

Schon vorher im Jahre 1224 gründete er die Universität in Neapel, die heutige Università Federico II, die die Aufgabe hatte, Beamte für den Staat auszubilden. Dadurch schuf er eine neuartige Beamtenhierarchie. Einwohner des Königreichs wurden verpflichtet, nur in Neapel zu studieren. 1226 erfolgte die Gründung der Universität für Apotheker  in Salerno, die zusätzlich die Aufsicht über das Medizin- und Arzneiwesen übernahm. So gab es für Sizilianer eine Pflicht, auch  hier statt im Ausland zu studieren.

 

1231 veröffentliche der Kaiser die "Konstitutionen von Melfi" den Versuch einer umfassenden Gesetzgebung, die alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens umfasste. Unter anderen enthielt die Gesetzessammlung erste Anordnungen des Umweltschutzes(!), Vorschriften über Studiengänge, Anordnungen für Ärzte und noch vieles mehr.

. Eine der bedeutendsten Errungenschaften, die bis in die heutige Zeit erhalten geblieben ist, gelang Friedrich II. mit der Einführung des Dezimalsystems, das Rechnen mit der Null. Bis dahin benutzte man ein umständliches Zahlensystem. Weitere Verdienste erwarb sich der Kaiser durch die Wiederentdeckung der Schriften der antiken Philosophen und Dichter, die Entwicklung und Einführung eines wirksamen Vermessungssystem und auf dem Gebiet der Medizin.

Aus Deutschland kamen Nachrichten, die ihn zum persönlichen Eingreifen zwangen. Außerdem erstarkten die seit Barbarossa nie ganz unterdrückten antistaufischen Kräfte in Italien.  1231 hatte sich Sohn König Heinrich VII. Statuten abpressen lassen. 1235 bis 1237 war er wieder in Deutschland, um die durch den Sohn in Unordnung geratenen Verhältnisse möglichst wieder zu richten und Gericht zu halten über seinen Sohn.

 Der Zug des Kaisers durch Deutschland erregte maßloses Aufsehen, hatte er doch erstmals seine (fast) ganze Menagerie über die Alpen bringen lassen: "er zog einher in großer Pracht, wie es der kaiserlichen Würde geziemt. Ihm folgten Wagen, beladen mit Gold und Silber, mit Byssusgeweben (kostbares Seiden- und Leinengewebe der Antike) und Purpur, mit Gemmen und kostbarem Gerät. Er kam mit vielen Kamelen und Dromedaren, mit Affen und Leoparden, er führte zahlreiche, vieler Künste kundige Sarazenen und Äthiopier mit sich, die sein Gold und seine Schätze bewachten...." (Ebersbacher Chronik, zitiert nach Horst, Seite 234). Die Verurteilung des Sohnes und Thronfolgers dürfte dem Kaiser nicht leicht gefallen sein; Heinrich VII. wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und starb zwei Jahre später unter nie ganz geklärten Umständen. Der von Isabella von Brienne geborene Sohn Friedrichs II., Konrad, wurde zum Nachfolger gewählt.

Während des Aufenthalts in Deutschland heiratete Friedrich Il. die englische Prinzessin Isabella, Schwester des Königs Heinrich III. von England. Wieder waren politische Grunde ausschlaggebend.

Die Kämpfe mit den aufrührerischen Städten in Italien und die Auseinandersetzungen mit dem Papst verlangten seine Anwesenheit in Italien. Die Kämpfe eskalierten; Sieg und Niederlage wechselten einander ab. In bösen Wortgefechten bezichtigten sich Kaiser und Papst gegenseitig als Antichrist und Verderber der Christenheit. So sehr nahmen diese unerquicklichen und heute nicht mehr begreifbaren Streitereien den Kaiser in Anspruch, dass er, aber auch der um Hilfe gebetene Papst, außerstande war, den durch den Mongoleneinfall in arge Bedrängnis geratenen Deutschen und Polen zu Hilfe zu kommen. Vom Papst und dem eigenen Kaiser im Stich gelassen, nahmen die deutschen Fürsten unter dem 9jährigen König Konrad IV. die Sache selbst in die Hand und organisierten die Verteidigung. Zwar verloren sie mit den verbündeten Polen die Schlacht bei Liegnitz (1241), wandten aber, vom Glück begünstigt durch innerasiatische Ereignisse bei den Mongolen, die Bedrohung ab. Es ging also auch ohne Papst und Kaiser. Die psychologische Wirkung dieser Erkenntnis dürfte nicht leicht zu überschätzen sein. Die spätere Entwicklung in Deutschland zum territorialen Fürstenstaat nahm hier in der äußersten Not ihren praktischen Anfang.

Die Auseinandersetzung mit der Kurie erreichte ihren Höhepunkt mit der erneuten Bannung und Absetzung des Kaisers durch den Papst auf dem Konzil zu Lyon. Bettelmönche der Franziskaner zogen gegen den Kaiser predigend durch die Lande, eine Verschwörung gegen sein Leben wurde in letzter Minute aufgedeckt.

Auch die Städte in Oberitalien rebellierten gegen ihn, bei Parma erlitt der Kaiser die schlimmste Niederlage seines Lebens mit katastrophalen Folgen für sein Ansehen in Italien, aber auch in Deutschland. Mit äußerster Anstrengung gelang es Friedrich II., sich zu behaupten.

Auch der Verrat eines seiner engsten Vertrauten war ein harter Schlag, der bei einem  Giftanschlag seines Leibarztes seine Finger mit im Spiel haben sollte.

Im Sommer 1250 zog er in Richtung Lyon, wo der Papst residierte, um dort seine Interessen zu vertreten, die Aufhebung des Bannes. Aber unterwegs erkrankte er, er wurde ins Castel Fiorentino gebracht. Am Morgen, dem 13. Dezember 1250, zog man ihm die graue Kutte der Zisterzienser Mönche an, kurz nach dem Diktat seines Testamentes starb er.

 

Friedrich erweckte schon zu Lebzeiten das Staunen, wenn nicht gar Grauen seiner Zeitgenossen. Sie nannten ihn „Wunder und Wandler der Welt“. Der Papst verstieg sich sogar darin, dass er ihn als Antichrist bezeichnete. Der Papst hatte sich nicht täuschen lassen, schrieb er schon11 Jahre vor Friedrichs Tod an die Kardinäle, Friedrich sei „eine Bestie aus der Apokalypse“,  die, „um die Mauern des katholischen Glaubens zu zerbrechen“ längst „ heimlich die Sturmböcke gerüstet“ und jetzt offen ihre Kriegsmaschinen, „seelenvernichtende Kampfmittel der Ismaeliten“, womit die Muslime gemeint waren, aufgebaut habe, die gegen „Christus“ gerichtet sei.

 Die vermeintlichen Widersprüchlichkeiten in Friedrichs Handlungen gaben oft Anlass zu diesen Verleumdungen. Aber diese Widersprüchlichkeiten heben sich auf, wenn man ernsthafte Überlegungen anstellt, warum Friedrich den Muslimen immer zugewandt war, sie sogar hervorhob vor anderen. War er in seinem Inneren ebenso ein Muslim? Bisher sagten die Historiker von ihm, dass er weder Christ noch Atheist gewesen sei, sie meinten auch, dass er auf seinem Sterbebett durch das Anziehen des Mönchskleides seine Reue zum Christentum bekundete. Blickt man tiefer, so findet man die Erklärung seines Verhaltens. Tarik Erich Knapp geht davon aus: „ Sieht man nur genauer zu, dann zeigt sich dieser vermeintliche Beweis letztendlicher Christlichkeit des Kaisers als viel stärkerer Beweis seines Muslimtums. Denn mit dem grauen Gewand der Zisterzienser zog sich der Nichtmönch Friedrich lediglich die Robe der bekennenden Muwahiden –Sufis  an. Die Mönchskutte des sterbenden Kaisers war also zugleich sein letztes  wortloses Bekenntnis  zum Islam.

In seinem Sarkophag  sah man ihn nach einer Öffnung im Jahre 1781 i n arabische Seidengewänder gekleidet, bestickt mit den kaiserlichen Adlern, ein leinenes Untergewand, besetzt mit kufischen Lettern, die ihn ausdrücklich als Sultan huldigen. Neben ihm lagen die Krone und die Weltkugel, ohne das sonst übliche Kreuz.  Dieser Reichsapfel muss schon vor seinem Tod angefertigt worden sein. Seine engsten Bediensteten haben ihn so nach seiner Aufbahrung in sein Grab gelegt, wie er war, als Muslim.

 

Quellen

Eberhard Horst: Friedrich II. Der Staufer

Friedrich II. von Hohenstaufen und seine historische Wirkung von Oliver H. Herde

Friedrich II. (HRR) aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

tauhid-stiftung  Ustad Tarik T. Knapp

Der Morgenstern  2/1996

1 Kommentar:

  1. 786 - Ja, ich freue mich über den schönen Artikel über Kaiser Friedrich II. - Nur am Schluß würde ich noch schärfer argumentieren, nämlich so, daß alle von seinen Biographen beschworenen vermeintlichen Widersprüche sich bei näherem Zusehen nicht bloß auflösen, sondern gar einen guten Sinn erhalten, wenn man von der Annahme ausgeht, daß der Kaiser Muslim war. - Möge Allah (swt) seine Seele segnen. - Mein Name ist Salim Spohr, ich bin es übrigens gewesen, der damals den als Quelle angegebenen Morgenstern herausgegeben hatte.

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